Haus- und Wohnungsbau – Modernisierung der Villa Waldried

Vom Gurten oder Dentenberg aus bietet sich ein wunderbarer Gesamtblick in die Alpenkette des Berner Oberlandes über die zahlreichen Grüngürtel, über die verschiedenen Naherholungsgebiete, welche die Gemeinde Muri bei Bern prägen.

Villa Waldried
Die 1942 erbaute Villa Waldried mit einer umgestalteten Gebäudehülle. Als leitendes optisches Element der Fassadengestaltung fügt sich ein durchgehendes Spenglerblech geschickt in die Details ein.
Lukas Bonauer (Text) und Rob Lewis (Bilder)

Vom Gurten oder Dentenberg aus bietet sich ein wunderbarer Gesamtblick in die Alpenkette des Berner Oberlandes über die zahlreichen Grüngürtel, über die verschiedenen Naherholungsgebiete, welche die Gemeinde Muri bei Bern prägen. Aber auch ihre lockeren Siedlungsstrukturen sind zu entdecken, die – frühen Ausgrabungsfunden zufolge – bis in die Römerzeit zurückreichen. So alt ist die Villa Waldried nicht. Ihre Entwicklung beginnt in den 1940er-Jahren – in einem Wohngebiet, das vornehmlich aus Einfamilienhäusern und einzelnen weiteren Villen besteht. Diese Bauten strecken im Lauf der Zeit die Siedlung, sodass heute Architekturen aus verschiedenen Jahrzehnten ablesbar sind. Auch die 1942 erbaute Liegenschaft gehört dazu. Die Bauherrschaft erwirbt sie in der Absicht und mit der dazugehörenden Notwendigkeit einer Pinselrenovierung – und ahnt noch nichts vom Transformationspotenzial, welches innerhalb des bestehenden, in die Jahre gekommenen Gebäudekörpers schlummert. Drei Bestandesebenen insgesamt: zuunterst der Gebäudesockel mit integrierter Doppelgarage und darüber die zwei Obergeschosse mit den Wohn- sowie Schlaf- und Rückzugsräumen. Das beauftragte Architekturbüro Marazzi + Paul AG erkennt den Mehrwert, der durch eine räumliche Neugliederung, durch eine Optimierung der Raumlandschaft, durch eine Umorganisation und Erweiterung der Grundrisse erzielt werden kann.Rückblickend ist dies für das zuständige Architekturbüro der besondere Reiz der Bauaufgabe: Dass sich das Konzept erst während des Bauprozesses bildete und es weitere Entdeckungen auf der Baustelle einzupassen galt. So trägt etwa die vorhandene Sparrenlage nur wenig zur Gebäudestabilität bei, womit das Freilegen des Dachstuhls und die damit einhergehende Vergrösserung der Raumhöhen plötzlich zu einem Thema wurden.

Als Kernpunkt des gesamten Umbau- und Renovierungskonzepts kristallisiert sich die erdgeschossig neue offene Raumstruktur heraus. Die dort vorhandene Einzelraumstruktur wurde freigelegt und in eine offene kontinuierliche Raumlandschaft umgewandelt, ergänzt durch Zubauten. Da das bestehende Raumgefüge dieser Neustrukturierung kaum entgegenwirkte, war eine nahezu komplette Entkernung des Gebäudes notwendig und das Tragwerk entsprechend an die neuen Raumbedürfnisse anzupassen. Dabei übernimmt die Transformation das Einfache und Klare des Bestandes, der bewusst mit den Zubauten verschmilzt.

Eine klare Zuweisung in der Raumhierarchie gliedert den Grundriss. Zum dichten Gehölz, das nordseitig unmittelbar an die Parzelle angrenzt, orientieren sich sämtliche Funktionsräume, zur Sonnenseite hin die Wohn- und Schlafräume – mit herrlicher Aussicht auf die sich in der Ferne erstreckende Alpenkette, konkreter auf das Berner Oberland. Angeordnete Balkone und Terrassen liegen diesen Haupträumen an. Die Neuplatzierung der Garage ermöglicht dabei die Aktivierung der Dachfläche. Diese dient nun an als Wohnterrasse dort, wo vormals nur Hanggelände war. Grosszügige, schwellenlose Hebeschiebefenster, die mit einem minimalen Rahmenanteil auskommen, verstärken den Eindruck der Wohnraumerweiterung.

Neu verfügt das Erdgeschoss auch über eine Bibliothek, die das Wohnzimmer in den Anbau verschiebt. Dazwischen klemmt sich als Raumtrenner der Cheminéeofen, gleichwohl bleibt die Tiefe der gesamten Raumabfolge – der grosszügigen Raumöffnungen wegen – sichtbar. Überhaupt ist das sich Öffnende ein fixer Bestandteil der Transformation. Der Anbau, der den Wohnraum zu einem Raumkontinuum erweitert, ergänzt im Obergeschoss die insgesamt drei Schlafzimmer mit einem zusätzlichen Arbeitsraum. Die freigelegte Dachstuhlgeometrie erweitert den Raum im Obergeschoss genauso wie die neu konzipierte, sich öffnende Treppenanlage. Das dazugehörende zweigeschossige Treppenfenster ermöglicht den Blick auf den angrenzenden Wald. Das vormals komplett eingewucherte Gebäude umgeben nun Freiräume, die von der Durchgrünung entschlackt und klar einer bestimmten Nutzung zugewiesen sind.

Die Umgestaltung der Fassade behält die Dachform, Fensterrasterung und Fassadengliederung grundsätzlich bei, führt die einfache Erscheinung im Kontext mithin fort. Gleichwohl hebt sich der Baukörper nun durch sein markantes Bauvolumen vom präsenten Siedlungsbild ab. Der differenzierte Einsatz von Putzoberflächen führt zu einer feiner nuancierten Fassadenunterteilung, um den Effekt der optischen Volumenreduktion zu erzeugen. Der Sockel hebt sich durch eine horizontal gegliederte, bossenartige Putzfassade – verstärkt noch durch ein an der Übergangsstelle angebrachtes feines Metallblech – vom weiss verputzten Hauptgebäude ab. Das in Metall verkleidete Dach bildet dazu den kräftigen Abschluss.

Innenräume

Die Innenräume überzeugen durch hochwertige Materialien und den bis ins Detail durchdachten Innenausbau. Und unterscheiden sich in Kontrast und Intensität voneinander, was eine Abstufung zwischen den Oberflächen schafft. Das dunkle Eichenparkett visualisiert die offene Raumabfolge und verbindet die Räume ebenso optisch miteinander wie bei der neu konzipierten Treppenanlage die beiden Wohnebenen. Die Wände haben einen Anstrich in Dove-Ton, die Decken in Altweiss. Farblich gesetzte Wandakzente inszenieren Raumsituationen – etwa im Cheminée-/Wohnzimmerbereich eine warme gemütliche Atmosphäre. Einheitliche, warme Farbtöne der jeweils integrierten Einbaumöbel gestalten die Schlafzimmer, kontrastiert durch vereinzelte Wandflächen in feinen Pigmenttönen.

Villa Waldried
Villa Waldried
Die Raumlandschaft wurde erweitert.
Villa Waldried
Das Cheminée dient als Raumteiler.
Villa Waldried
Die Aussicht reicht bis in die Alpenkette des Berner Oberlandes.
Villa Waldried
Die Villa präsentiert sich heute mit ihrer neuen Erscheinung und modernisierten Raumlandschaft als revitalisiertes Baudenkmal.
Villa Waldried
Villa Waldried
Der Innenausbau lebt von der Präsenz hochwertiger Details, die jeweils Oberflächen möglichst präzise und flächenbündig ineinander übergehen lassen.
Villa Waldried
Erdgeschoss
Erdgeschoss
Obergeschoss
Obergeschoss
Schnitte
Schnitte
Schnitte
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