Städtebau – Ceres Tower – ein Turm für eine Göttin

Die römische Göttin Ceres – dargestellt in einem Bild von Peter Paul Rubens. Dieses erst spät als echter Rubens identifizierte Gemälde im Besitz von Hermann A. Beyeler sollte sich als Auslöser für eine Reihe von architektonischen und städtebaulichen Entwicklungen erweisen.

Ceres Tower
Mit der Gliederung in Sockel, Schaft und Attika knüpft die Architektur an klassische Vorbilder an.

Die römische Göttin Ceres – dargestellt in einem Bild von Peter Paul Rubens. Dieses erst spät als echter Rubens identifizierte Gemälde im Besitz von Hermann A. Beyeler sollte sich als Auslöser für eine Reihe von architektonischen und städtebaulichen Entwicklungen erweisen. Um das wertvolle Gemälde zur Geltung zu bringen, benötigte es einen würdigen Platz in einem geeigneten Gebäude. Es ist nicht gerade naheliegend, dass es dazu eines eigenen neuen Gebäudes oder eines Hochhauses bedarf.Mit dem Erwerb der Parzelle angrenzend an das ehemalige Schwerindustrie-Areal Buss in Pratteln fiel die Idee Hermann A. Beyelers schon bald auf fruchtbaren Boden. atelier ww wurde mit einer Machbarkeitsstudie für die Areal-Überbauung und einen Turm beauftragt. Anfänglich war die Idee, einen Tower als Angelpunkt mit einer überregionalen Ausstrahlung zu bauen. Die ersten Visualisierungen verdeutlichen diesen Anspruch deutlich, neben gediegener Vorfahrt mit grosszügiger Lobby, Bar mit Lounge und Auditorium Maximum war ein grandioses Penthouse geplant, dem die Stadt Basel zu Füssen lag. Zuoberst sollte denn auch das Gemälde mit der Göttin Ceres seinen Platz finden.

Intensiver Planungsprozess

Danach folgte ein langwieriger Planungsprozess. atelier ww wurde angehalten, ein Konzept für Hochhausstandorte in Pratteln zu entwickeln. Es folgte ein Richtprojekt, das neben dem Hochhaus auch noch Wohnbauten (Ceres Living) auf dem ganzen Ceres-Areal vorsah. Auf dessen Grundlage wurde ein Quartierplan interdisziplinär erstellt, der schlussendlich auch vom Volk zu genehmigen war. Der Quartierplan umfasst nicht nur die Gestaltung der Bauten, sondern wird durch ein Reglement ergänzt, das umfassend die Zonenordnung für diesen Bereich festlegt. Schliesslich konnte die Baueingabe für den Ceres Tower angegangen werden.

Beyeler verzichtete schliesslich auf die Realisierung, und bis die Finanzierung vom Ceres Tower durch einen Immobilienfonds der Credit Suisse Asset Management (Schweiz) AG als Investor gesichert war, durchlief das Projekt noch mehrere Überarbeitungen. So wechselte zum Beispiel der vorgeschriebene Wohnanteil von Mietwohnungen zu Eigentumswohnungen und wieder zurück. Auch konstruktiv erfuhr das Gebäude Optimierungen. Die kostenreduzierende und ausdruckstärkste war die Platzierung des Sturzes zur Unterbindung des Brandüberschlags im Gebäude. Damit konnten die filigranen Metallfenster der Fassade – bis anhin als murale Rasterverkleidung geplant – als geschosshohe Elemente dem Rohbau vorgesetzt werden. Der expressionistische Entwurf mit überhohem und geschwungenem Dachabschluss wich aus Kostengründen und nach einem aufwendigen Findungsprozess einem quadratischen, auf Schwertern abgestützten Vordach. Die Realisierung durch die HRS erfolgte demgegenüber in raschem Tempo, und in diesem Jahr konnte der Ceres Tower an die Bauherrschaft übergeben werden.

Identitätsstiftender Landmark

Und nun steht der identitätsstiftende Ceres Tower also da, vermittelnd zwischen der heterogenen Gebäudestruktur der Industriestadt, dem neuen Gebiet von Salina Raurica und der historischen Stadt. Im Schnittpunkt zweier wichtiger Verkehrsachsen generiert er eine räumliche Verdichtung und korrespondiert mit den weiteren Hochpunkten in Basels Agglomeration. Mit seinem «breiten Fuss» wirkt er geerdet, bildet auf 21 Metern auf der Höhe der benachbarten Gebäude eine erste Traufe aus und wächst weiter in konkaver Form bis zur auskragenden Krone. Mit der Gliederung in Sockel, Schaft und Attika knüpft die Architektur an klassische Vorbilder an und erweist Ceres die Ehre. Die metallische, dunkle Fassadenverkleidung erinnert an die ursprüngliche Tradition der örtlichen Guss-Industrie. Vor den Lüftungsflügeln ist eine Glasabsturzsicherung befestigt. Als Sonnenschutz kommt eine einfache Rafflamellen-Store zum Einsatz, die durch die Mittellisene nur halbe Rasterbreite hat. Der darunterliegende Rohbau besteht aus einem Betonskelett mit Kern und Fassadenstützen. Die Krafteinleitung der stützen- und wandfreien Flachdecken in die Kernwände über einzelne Nocken ist eine ingenieurtechnische Herausforderung. Trennwände sind ausschliesslich in Leichtbau ausgeführt. Die Erschliessungsbereiche mit Kunststeinböden und verputzten, glatten Betonwänden bzw. -decken bleiben trotz eingängigem Farbkonzept neutral und nüchtern. Insgesamt wird über eine geschickte Konstruktion und Materialisierung eine hohe Flexibilität in den Dienstleistungs- (Sockel) und Wohngeschossen (Turm) erreicht.

Bleibt zu hoffen, dass Ceres auch ohne befruchtende Lobby, Bar und Penthouse den Weg in ihren Tower finden wird.

Bautafel

Bauherrschaft Credit Suisse Estate Fund LivingPlus

Totalunternehmer HRS Real Estate AG

Architekt atelier ww Architekten sia AG

Bauingenieur Ribi + Blum AG

Haustechnik Amstein + Walthert, Zürich

Elektroplanung Herzog Kull Group

Fassadenplaner Neuschwander + Morf

Landschaftsarchitekt Fontana Landschaftsarchitekten

Bauphysik /Akustiker Kopitsis Bauphysik AG

Ceres Tower
Der fünfgeschossige Fuss des Turmes, vermittelt zwischen dem langestreckten Ceres Living und den benachbarten Gebäuden.
Ceres Tower
Der Turm wächst in konkaver, expressionistischer Form bis zu einer auskragenden Krone hinauf.
Treppenhaus
Blick ins Treppenhaus.
Schnitt Ceres Tower
Schnitt
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