Haus- und Wohnungsbau    – Gebautes Lebensgefühl in der Sonnenarena

Die neue Wohnsiedlung mit dem Namen Sonnenarena bildet den östlichen Siedlungsrand und Übergang in die typische und unüberbaubare Emmentaler Kulturlandschaft.

Wohnungsbau
Sanft ins natürliche Terrain eingebettet, stellt die Situierung der neun Gebäude eine arenaförmige Anordnung dar.
Lukas Bonauer (Text), Rob Lewis und Ben Zurbriggen (Bilder)

Das Schweizer Dorf Langnau im malerischen Emmental steht für viele Sonnenstunden und kennt kaum Nebel. Dabei galt das bewaldete und von tiefen Gräben geprägte Gelände zwischen Bern und Luzern lange Zeit als unzugänglich und wurde folglich erst recht spät besiedelt. Vielleicht gerade deshalb zeichnet – wie es in der Gemeindebroschüre geschrieben steht – ein beschauliches, aber eben zugleich weltoffenes Miteinander den Dorfcharakter. Bodenständigkeit, Gemütlichkeit, das Heimelige, das Verlässliche sind dabei genauso wichtig wie Kontinuität, Entwicklung, Offenheit für Neues.Die neue Wohnüberbauung spürt diesem dualen Lebensgefühl von Orts- und Naturverbundenheit, von Freiheit und Weite nach und widmet sich der Frage: Wie lässt sich das Wesen der einzelnen Gehöfte und Weiler, die wie selbstverständlich in der schönen Emmentaler Hügellandschaft eingebettet sind, in eine verdichtete zeitgenössische Wohnüberbauung mit Einflussfaktoren wie Mobilität, Wohnkomfort, aber auch vielseitig nutzbarer Aussenraum transponieren? Eine Frage, der das Architekturbüro Marazzi + Paul innerhalb der Projektentwicklung eine zentrale Bedeutung zumass und die den Entwurf von Anfang an begleitet respektive geleitet hat.

Die neue Wohnsiedlung mit dem Namen Sonnenarena bildet den östlichen Siedlungsrand und Übergang in die typische und unüberbaubare Emmentaler Kulturlandschaft. Die Parzelle, die zum Gebiet «Moserli» gehört, liegt zwar an einem Südhang, gehört aber dennoch zum regionalen Zentrum Langnaus.

Ortstypische Qualitäten und Merkmale aufnehmen, die zugleich mit zeitgemässen Anforderungen korrelieren – diese angestrebte Prämisse bedingte eine sensitive städtebauliche Auseinandersetzung mit verschiedenen Aussenraumtypologien (Kulturland, Platz, Geländerkante usw.) und zugleich eine ausgelotete Einpassung in das herausfordernde Hanggelände.

Die Sonnenarena lehnt sich in ihrer punktartigen Anordnung an die bauliche Grundstruktur der in der Emmentaler Landschaft vorhandenen Weiler an. Deren typische Struktur besteht aus drei, vier Bauernhöfen, die sich um Brunnen, Sitzbank, Bäume gruppieren. Analog dazu verbindet ein zentraler, möglichst verkehrsfreier Platzraum die insgesamt neun Siedlungskörper der Sonnenarena. Dieser Platzraum dient als sozialer Treffpunkt, für Begegnung, Austausch, Spiel und zum Feiern. Um ihn gruppieren sich die Mehrfamilienhäuser arenaartig, indem sie in ihrer Setzung jeweils der Topografie folgen und so zugleich eine bauliche Verdichtung erreichen, die einer Zentrumsverdichtung entspricht.

Dieser so entstehende Mix aus Verdichtung und Freiräumen schafft eine Anlage, die in ihrer Geometrie eine Fülle an Durchblicken, Weitblicken, Blickkorridoren in die umliegende Landschaft wie ins Zentrum der Überbauung generiert – und zwar von jedem Siedlungskörper, von jeder Wohnung aus. Umgekehrt erschliesst der zentrale Platzraum jedes einzelne Gebäude, woraus insgesamt eine kompakte, städtebaulich differenzierte in den Hang eingebettete Siedlung entsteht.

Die Wohnungen verfügen über ein Typenspektrum vom Zwei- bis zum Vierspänner. Ihre Grundrisse organisieren jeweils verschiedene Zonen. Eine Rückhaltezone mit Schlaf- und Badezimmern, die sich nach Ost, West oder zum ruhigen Nordlicht ausrichtet, und eine offene Zone mit Wohn-, Ess- und Kochbereich, die sich zur Sonnen- und Ausblicksseite orientiert und direkt an den Wohnungsaussenraum, Garten oder Balkon, anschliesst. Von dort bieten sich Durchblicke auf die sanfte Emmentaler Hügellandschaft. Raumhohe, grossflächige Fensterfronten mit Hebeschiebetüren bilden einen schwellenlosen Übergang vom Innen- zum Aussenraum. Die offenen Übergänge zwischen den unterschiedlichen lichtdurchfluteten Bereichen schaffen ein charakteristisches Raumgefühl.

Auch die grosszügigen Loggien ermöglichen eine einmalige Weitsicht in die Umgebung. Die Balkon- und Loggiaebene zeichnet sich an der Aussenhülle zwar ab, das eingesetzte Gurtsimselement bindet sie aber mit dem Baukörper zusammen und gliedert die Fassade horizontal – eine weitere Anlehnung an die Bauernhöfe der Umgebung, ihre horizontalen Balkone und Verdachungselemente. Auch die Holzschiebeelemente an den Fenstern erinnern an die typische Szene, wenn auf dem Bauernhof frühmorgens die Fensterläden geöffnet werden. Die Sonnenschutzelemente lassen sich von Hand verschieben und verleihen den Fassaden und der gesamten Siedlung jedes Mal ein etwas anderes Gesicht.

Die insgesamt neun in ihrer Grösse variierenden Mehrfamilienhäuser ragen «nahtlos» aus dem Boden und fügen sich natürlich in die Umgebung ein. Auch wurden genügend Zwischenräume eingeplant, sodass sich die Übergänge von der Wohn- in die Kulturlandschaft fliessend gestalten. In den Hauszugängen nehmen Obstpflanzen den Charakter einer Weiler- bzw. Hofsituation auf. Grossflächig konzipierte Blumenwiesen unterstützen die Verschmelzung mit der umliegenden Landschaft. Hinter der Siedlung liegen ein Pferde- und ein Schweinehof, am Hang dahinter wird Obst angebaut. Lücken und Häuser ergeben visuell ein Ganzes. Eine Wohnarena, die konsequent traditionelle und zeitgemässe Aspekte vereint.

Innenräume und Innenraummaterialien

Für die Wohnungen wurden Grundrisse beziehungsweise Typologien für den breiten Markt in Langnau entwickelt – sowohl in Stockwerkeigentum als auch Miete – und auf die verschiedenen Gebäudetypen abgestimmt. Der Bauherrschaft war wichtig, dass die Wohnungen in der Grösse etwas «mehr bieten» als auf dem Markt üblich.

Die variierenden Wohnungsgrössen von 2,5 bis 5,5 Zimmer sind sowohl für Einzelpersonen und Paare wie für Familien bestens geeignet, ebenso für altersgerechtes Wohnen. Grundsätzlich gibt es einen A-Typ (2-Spänner) und einen B-Typ (3- und 4-Spänner). Diese werden unterschiedlich zueinander – städtebaulich auf die Topografie abgestimmt – positioniert. Der A-Typ verfügt über eine schlichte quadratische Form, und der B-Typ unterbricht das Volumen mittels Versatz, der den Loggien dient. Jede Wohnung hat spannende Aussichtsfelder, hat Weitsicht – der Blick schweift über die Wiesen bis hin zum gesamten Bergpanorama. Die Fenster reichen bis zum Boden, Licht durchflutet die 2,50  m hohen Räume.

Das Erdgeschoss verfügt über eine überdachte Eingangssituation mit integrierter Briefkastenanlage. Diese Grosszügigkeit setzt sich in der inneren Raumlandschaft fort. Die Eingangsbereiche mit integriertem Garderobenschrank gehen in einen breit ausgebildeten Korridor über, um diese Grosszügigkeit bereits beim Betreten zu vermitteln. Der Kochbereich öffnet sich zum Wohnzimmer. Die Treppenhäuser sind grundsätzlich neutral gehalten. Die Treppengeländer aus Holz verweisen wieder auf das Lokale.

Die Mehrfamilienhäuser sind per Lift mit den insgesamt drei Tiefgaragen verbunden. Ein erstklassiger Ausbaustandard und grosszügige Grundrisse kennzeichnen die Wohnungen. Hinzu kommen hochwertige Parkette, moderne Küchen mit neuster Apparatetechnologie sowie edle Materialien in den Nassräumen.

Statik und Konstruktion

Da es grössere Aushubmengen gab, war eine massivere Sicherung der Baugrube erforderlich, ebenso eine Pfahlfundation wegen des unterschiedlichen Baugrundes. Die Einstellhalle erfolgte unterhalb der Strasse beziehungsweise Zufahrt. Das Attika erforderte jeweils eine grössere, stützenfreie Dachauskragung.

Besondere Details waren bei den verschiedenen Geländersituationen im Aussenbereich und im Treppenhaus zu lösen, beim Gurtsimselement (Dachrand / Glasgeländer und Schiebelement) sowie im Innenausbau (Gipser- und Schreineranschlüsse). Die Dachkonstruktion besteht aus einem Flachdachaufbau (konventionell – begrünt), die Wandkonstruktion aus einem Wärmedämmsystem (konventionell – Dämmung und Putz) und die Gebäudetechnik aus Erdsonden pro Etappenfeld beziehungsweise Zentralboiler pro Gebäude separat.

Fassadengestaltung

Die Gestaltung der Baukörper hat sich auch durch die städtebauliche Setzung ergeben, wobei unterschiedlich grosse Typen entstanden sind, die miteinander im Dialog stehen. Ihre Fassadenabwicklung ist meist «phrasiert», um das Volumen kleiner in Erscheinung treten zu lassen. Diese Versätze korrelieren mit den jeweiligen Grundrissen. Eine strenge Rasterung bestimmt Öffnungs- und Fassadenanteil. Das Spiel in der Fassade schaffen die individuell verschiebbaren Schiebelemente.

Die insgesamt neun Mehrfamilienhäuser sind farbharmonisch aufeinander abgestimmt. Feine Nuancen unterscheiden sie. Die eingesetzten Sättigung und Helligkeit nehmen, der Topografie folgend, ab oder zu.

Eingesetzte Materialien bzw. Texturen für die äussere Erscheinung sind Verputz (Besenstrich), Glas (Geländer), Elementbeton (Gurtsimselement), Lärche unbehandelt (Schiebeläden). Als Grundsatz bei der Materialisierung gilt: Weniger das einzelne Material als vielmehr eine Kombination verschiedener Materialien ergeben diesen Raum, den die Bewohnerinnen und Bewohner als gebautes Lebensgefühl verstehen.

Wohnungsbau
Die Überbauung
Die Überbauung entspricht einer Mixtur aus Verdichtung und offener Raumstruktur, wobei sich jedes Objekt der Sonne zuwendet.
Die Überbauung
Wohnungsbau
Im Herzen der Sonnenarena befindet sich eine Zone des Aufenthalts und der Begegnung.
Fensterfronten
Jede Wohnung ist mit einer grosszügigen Loggia ausgestattet, die eine einmalige Weitsicht in die Umgebung ermöglicht. Raumhohe, grossflächige Fensterfronten mit Hebeschiebetüren bieten einen schwellenlosen Übergang vom Innen- zum Aussenraum.
Die neue Wohnsiedlung
Die neue Wohnsiedlung vereint lokale Bautradition mit verdichteter Bauweise und differenzierten Freiräumen.
Moderne Küchen
Moderne Küchen mit neuster Apparatetechnologie.
Nassräumen
Edle Materialien in den Nassräumen zeichnen einen hohen Standard aus.
Grundriss Obergeschoss
Grundriss Obergeschoss
Grundriss Attikageschoss
Grundriss Attikageschoss
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